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P56L (Pouva)

Die Karl Pouva KG in Freital bei Dresden baute in großer Stückzahl von 1951 bis 1972 eine billige Kamera: die Pouva Start. 1956 wurde bei Hama in Monheim (Bayern) unter Lizenz die P56L gebaut, die auf der Pouva Start beruht. Genaues weiß ich natürlich nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Kamera so wie sie war aus der DDR importiert wurde, mitsamt der Gravierung "made in Western Germany". Aber wie immer auch: es heißt die Kamera sei eine Lizenzproduktion der Pouva Start. "P56L" könnte heißen "Pouva aus dem Jahr 1956 Luxus-Modell". Worin der Luxus besteht, weiß der Himmel. Vielleicht dass mit dem Momentverschluss geblitzt werden konnte und die Einstellung B für Zeitaufnahmen überhaupt weggefallen war. Vielleicht auch das dreilinsige Objektiv "Tricomat 6,5 cm" (ein leichtes Weitwinkel, das – über den Daumen – einem 38 mm-Objektiv einer Kleinbildkamera entspricht). Oder es waren die tollen Farben, die den Luxus ausmachten: goldene Teile, grünes und schwarzes Bakelit. Mit der Schönheit einer Lomo kann sie ja locker mithalten.

Ich bin zu dieser Kamera gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Ein Freund meines Sohnes brachte sie mir aus einem Nachlass vorbei, und ich hatte nichts Eiligeres zu tun, als sie auszuprobieren, weil ich wissen wollte, ob nun eine Art Lomographie stattfinden würde. Falls Sie nicht wissen sollten, was Lomographie ist: Mit billigen Plastikkameras, die schlechte Objektive haben (wie die russischen Lomos), technisch mangelhafte, aber originelle, hemmungslose und interessante Bilder zu machen. Schauen Sie meine P56L-Bilder an! Die Lomographie ist mir vermutlich daneben gegangen.

Erstaunlicherweise habe ich mit dieser Kamera eine Menge Fehler gemacht. Der erste Fehler: Der Rollfilm war bei Rückspulen zu lose aufgewickelt und es gab Lichteinfall, den ich nun als Lomo-Effekt ausgeben könnte. War 's aber nicht. Den zweiten und dritten Film habe ich vorsichtshalber in der Dunkelkammer aus der Kamera geholt, um den Lomo-Lichteinfall zu vermeiden.

Der nächste Fehler: Beim Ausprobieren, ob das Blitzen funktioniert, habe ich den Blendenhebel auf "Sonnenschein" gelassen, weil ich der Meinung war, ein Blitz sei so etwas wie eine Sonne. Falsch gedacht: Die Kamera ist nur dann auf den Blitz synchronisiert, wenn die kleine Sonnenscheinblende nicht eingeschwenkt ist. Warum das so ist, darüber darf gerätselt werden. In der Tat ist unter dem Hebel, der die Sonnenscheinblende ausschwenkt, ein Blitzsymbol eingraviert.

Der dritte Fehler: Ohne auf das rote Fenster zu schauen habe ich wie ein versonnener Philosoph den Film transportiert und prompt eine Zahl überdreht, d. h. ein Bild verschenkt.

Der vierte Fehler: Nicht darauf geachtet wo der Hebel zum Einschwenken der Sonnenscheinblende steht. Steht er in der Mitte, kommt wenig Licht in die Kamera. Steht er unten und die Sonne scheint, dann wird überbelichtet und die Bildschärfe leidet.

Den naheliegenden Fehler, den Film nicht weiter zu transportieren und doppelt zu belichten, habe ich erstaunlicherweise nicht gemacht. Vielleicht bin ich so um geniale Lomo-Fotos gekommen.

Was sind eigentlich die technischen Daten dieser Kamera? Weiß man nicht genau. Die Sonnenscheinblende könnte einer Blende 16 entsprechen. Die Belichtungszeit 1/30 oder 1/50 ? Verwackelte Bilder habe ich nicht gemacht, was bei einer 1/30 Sekunde eigentlich naheliegend wäre. Nun ja, irgendwo im Netz habe ich in einer Pouva-Start-Bedienungsanleitung gelesen, die Kamera zeichne mit der Sonnenscheinblende alles zwischen 1,5 m und Unendlich scharf. (Ich habe vergessen zu erwähnen, dass die Entfernungseinstellung entfällt: Fixfocus!) Das mit den 1,5 Metern stimmt nicht, denn scharf wird etwas erst ab 2,5 Metern. Wenn man also auf unscharfe Lomographien aus ist, gehe man möglichst nahe an das Motiv heran.

Narrensicher ist die Kamera was das Auslösen betrifft. Erst wenn der Schneckengangtubus herausgezogen ist, kann ausgelöst werden.

Was mich ein wenig geärgert hat: am rechten Bildrand ist ein heller Streifen zu sehen. Vermutlich kommt er durch Spiegelungen am Bakelit zustande. Man sollte meinen, dass durch mattschwarzes Einfärben des Gehäuse-Inneren ein solches Streulicht vermieden werden könnte. Ich habe versucht, durch schwarzes Papier, das ich eingeklebt habe, die Spiegelung auszuschalten. Ging aber nicht, die Spiegelung war nicht weg, sondern nur anders: unangenehmer als zuvor.

Schließlich: Manche Bilder sind messerscharf als wären sie mit einer teuren Mittelformat-Kamera gemacht. Bei anderen Bildern taucht zur großen Überraschung ein Weichzeichnereffekt auf. Bei machen Bildern gibt es ganz flaue Bildteile. Alles ein wenig unvorhersehbar. Aber Spaß hat das Fotografieren mit diesem Knipskasten allemal gemacht.

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